Darf der Absender die Bezahlung des Frachtlohns wegen Nicht-Übersendung von Originaltransportdokumente verweigern?
In der täglichen Praxis kommt es immer wieder vor, dass Absender die Bezahlung des Frachtlohns unter Hinweis auf fehlende Originalpapiere verweigert. Dies ist um so ärgerlicher, wenn ein Transportunternehmer nach ordnungsgemäßer Ausführung des Transports die Originalpapiere mit der Post an den Absender übersandt hat und diese Originale auf dem Postweg oder bei dem Absender verloren gehen.
Wie ist die gesetzliche Lage?
Der Frachtführer ist aufgrund des Frachtvertrags dazu verpflichtet, das Transportgut von einem Ort zu einem anderen zu transportieren. Gemäß § 420 Handelsgesetzbuch ist der Frachtlohn bei Ablieferung des Gutes zu zahlen. Haben die Parteien keine besondere Vereinbarung bezüglich der Fälligkeit des Frachtlohns vereinbart, kann der Frachtführer unmittelbar nach der Ablieferung des Gutes eine Rechnung stellen und deren Bezahlung verlangen.
Sind abweichende Vereinbarungen möglich?
Die gesetzliche Fälligkeitsregel ist durch individuelle Vereinbarung der Parteien oder durch Allgemeine Geschäftsbedingungen abdingbar.
Absender und Frachtführer vereinbaren regelmäßig für die Zahlung des Frachtlohns ein bestimmtes Zahlungsziel, das nach dem Kalender zu berechnen ist. Besteht eine derartige Vereinbarung, sind die Parteien daran gebunden und der Frachtführer kann die Zahlung innerhalb der vereinbarten Zahlungsfrist verlangen. Der Beginn der Zahlungsfrist ist dabei häufig nicht an die Ablieferung des Gutes, sondern an den Eingang der Frachtdokumente sowie der Frachtpapiere wie Frachtbrief, Lieferschein und Paletten-Schein gebunden. Eine solche Vereinbarung ist auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen grundsätzlich bedenkenlos möglich, wenn es sich beim Absender selbst um einen Frachtführer oder Spediteur handelt, der diese Unterlagen benötigt, um gegenüber seinem eigenen Auftraggeber abzurechen.
Wird die Zahlung des Frachtlohns in Allgemeinen Geschäftsbedingungen davon abhängig gemacht, dass Original-Belege eingereicht werden, kommt es zunächst darauf an, ob die Allgemeinen Geschäftsbedingungen überhaupt wirksam in den Frachtvertrag einbezogen worden sind. Hierfür ist es ausreichend wenn der Absender vor dem Abschluss des Frachtvertrages erklärt, dass der Vertrag nur unter Einbeziehung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen abschließt und der Frachtführer sich hierauf durch ausdrückliche Zustimmung oder stillschweigend einlässt, indem er nicht widerspricht. Darüber hinaus muss die Möglichkeit zur Kenntnisnahme der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bestanden haben.
Bedeutet die Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass der Absender bei fehlenden Originalbelegen stets die Zahlung des Frachtlohns verweigern darf?
Selbst wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam in den Frachtvertrag einbezogen wurden, bedeutet eine solche Regelung nicht, dass die Zurückhaltung der Fracht wegen fehlender Originaldokumente immer zulässig ist. Nach einer Entscheidung des Landgerichts Wuppertal vom 15.03.2012 (Aktenzeichen 6 S 63/11) ist es dem Absender nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch) verwehrt, sich auf fehlende Originalbelege zu berufen, wenn er von seinem eigenen Auftraggeber den Frachtlohn erhalten hat und ihm durch das Fehlen der Originalbelege keine Nachteile drohen. Sollten die Originale in Verlust geraten sein, kann also dennoch der Frachtlohn verlangt werden.
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