Ladungsdiebstähle auf Parkplätzen durch das Aufschlitzen von Planen und die Entwendung von wertvollem und leicht zu verwertenden Transportgütern sind leider ein alltägliches Problem. Neu hinzugekommen ist der Betrug von Phantom-Unternehmen auf Online-Frachtbörsen.
Betrüger-Banden nutzen Online-Frachtbörsen, um im Wege der Untervergabe Transportaufträge zu erlangen und das Transportgut nach der Übernahme an der Ladestelle vollständig zu unterschlagen. Dazu gehen die Kriminellen unterschiedlich vor:
Drei typische Verhaltensweisen von Kriminellen in Betrugsfällen
1. Identitätsmissbrauch
Kriminelle verwenden die Identität bekannter und real existierender Unternehmen und fälschen gezielt Transportdokumente. Dabei geben sie als Kontaktdaten Freemail-Adressen wie zum Beispiel von Hotmail, Gmail oder GMX, und Mobilfunk-Nummern als einzige Kontaktinformation an.
2. Übernahme etablierter Speditionen
Andere Kriminelle übernehmen etablierte Speditionen, die sich in Zahlungsschwierigkeiten befinden und/oder insolvenzgefährdet sind. Einziger Zweck der Übernahme ist die Durchführung von Ladungsdiebstählen unter dem bekannten und etablierten Namen der Spedition. Bis der gute Ruf der Spedition aufgrund häufiger Betrugsfälle vollständig ruiniert ist, können die Kriminellen häufig Frachtgut im Wert von mehreren Millionen Euro unterschlagen.
3. Freie Erfindung einer Spedition oder eines Transportunternehmens
Eine Stufe weiter gehen Kriminelle, die mit gefälschten Webseiten, gefälschten LKW-Kennzeichen, gefälschten CMR-Frachtbriefen, unechten Versicherungszertifikaten und Lizenzen vortäuschen eine Spedition zu betreiben. Diese Kriminellen unterschlagen ebenfalls das Frachtgut, das sie an der Ladestelle übernommen haben.
Erschwerte Strafverfolgung aufgrund grenzüberschreitender Tätigkeit
Die Strafverfolgung der Kriminellen wird dadurch erschwert, dass sie grenzüberschreitend tätig sind. Das Transportgut wird im Ausland verladen und bei einem ebenfalls im Ausland ansässigen Empfänger entladen. Der angebliche Sub-Frachtführer hat seinen Sitz in einem Drittstaat. Für den betroffenen Frachtunternehmer stellt sich bereits die Schwierigkeit, im Ausland eine Strafanzeige zu stellen.
Haftung für den Ladungsverlust
Hinzu kommt, dass Speditionen und Frachtführer, die solchen Kriminellen zum Opfer gefallen sind, für den Ladungsverlust gemäß Art.3, 29 Abs. 2 CMR in unbegrenzter Höhe haften. Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig vom 18.12.20914 (Aktenzeichen 16 U 24/14) muss sich der Frachtführer, die vorsätzliche Unterschlagung der Ladung durch den Subunternehmer als vorsätzliches Handeln über Art. 3 CMR zurechnen lassen. Der Frachtführer kann dem Absender im Rahmen von Art. 29 CMR unter Umständen ein Mitverschulden vorwerfen. Das setzt jedoch voraus, dass der Absender dazu verpflichtet war, die Identität von Fahrer und LKW zu prüfen. Da eine derartige Identitäts- und Kennzeichenprüfung häufig nicht vereinbart ist, und es ausreicht, wenn sich der Fahrer durch Angabe der Referenznummer für den Transport legitimiert, scheidet ein Mitverschulden des Absenders häufig aus.
Mögliche Ablehnung der Schadensregulierung durch Transportversicherer
Hinzu kommt, dass Transportversicherer die Übernahme die Zahlung verweigern können, wenn der Transportunternehmer der ihm obliegenden Verpflichtung, Subunternehmer und Erfüllungsgehilfen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu überprüfen, nicht nachgekommen ist.
Möglichkeiten, sich vor Betrug zu schützen
Aus diesem Grund ist es wichtig, den Subunternehmer vor der Erteilung des Auftrags über eine Online-Frachtbörse sorgfältig zu prüfen. Dazu sollten
- die Kontaktdaten des Frachtführers,
- die Versicherungsbestätigung,
- der Handelsregisterauszug, und die Bankverbindung geprüft werden.
Die angegebene Umsatzsteuer-ID sollte im Mehrwertsteuer-Informationssystemaustauschsystem der EU auf Echtheit geprüft werden. Es sollte auf der Internetseite des zukünftigen Geschäftspartners geprüft werden, ob ein vollständiges Impressum vorhanden ist und ob dieses mit den Angaben auf der Frachtbörse übereinstimmt.
Nach Erteilung des Auftrags sollten die Kfz-Kennzeichen der Zugmaschine und des Aufliegers sowie der Name des Fahrers und eine Kopie seines Führerscheins und des Personalausweises angefordert werden. Der Absender sollte verpflichtet werden, diese Dokumente vor Herausgabe der Ladung ebenfalls zu prüfen. Bei Abweichungen der übermittelten Kopien mit den an der Ladestelle vorgelegten Dokumenten, sollte die Ladung nicht an den Fahrer übergeben werden. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Dokumente unvollständig und mit Schreibfehlern ausgefüllt wurden oder unleserliche Passagen oder unterschiedliche Formatierungen aufweisen. Dies ist ein Hinweis auf mögliche Fälschungen. Kontakt über Freemail und Handy-Nummern sollte vermieden werden. Eine erneute Sicherheitsprüfung sollte bei kurzfristigen Änderungen des Unternehmens, des Fahrers oder bei Kennzeichenwechsel erfolgen.
Autorin: RA Sabine Kemper
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